Der französische leitende Angestellte (cadre dirigeant)
Der französische leitende Angestellte (cadre dirigeant) unterscheidet sich vom gewöhnlichen höheren Angestellten (cadre) durch ein deutliches Mehr an Verantwortung und Unabhängigkeit sowei eine höhere Bezahlung.
Interessant für den Arbeitgeber ist die Tatsache, dass die 35-Stunden-Woche und das Sonntagsarbeitsverbot für französische leitende Angestellte nicht gelten.
Das hat einige unter den französischen Arbeitgeber dazu bewogen, bestimmte Angestellte zwecks Umgehung der 35-Stunden-Woche zu leitenden Angestellten zu machen.
Für die Unterscheidung zu einfachen qualifizierten Angestellten waren bislang gemäß Artikel L. 3111-2 des französischen Arbeitsgesetzbuchs (Code du travail) drei Kriterien entscheidend:
1. weitgehende Unabhängigkeit in der Bestimmung der eigenen Arbeitszeiten
2. die Ermächtigung, Entscheidungen weitgehend autonom zu treffen
3. eine weit überdurchschnittliche Bezahlung, die zu den höchsten des Unternehmens gehört
Seit einer Entscheidung der Cour de Cassation vom 13. Januar 2012 ist ein weiteres Kriterium hinzugekommen.
Der leitende Angestellte muss auch effektiv in die Leitung des Unternehmens durch die Organe involviert sein. Eine einmalige Einladung einer Betroffenen zu ener Beratung auf Führungsebene innerhalb eines Jahres hat dem Gerichtshof dafür nicht ausgereicht.
Die Arbeitnehmerin konnte als Folge dessen 48.000,- € Überstunden kassieren.
Denn nur leitende Angestellte mit Führungsaufgaben unterliegen keiner 35-Stunden-Woche, sondern gar keiner rechtlichen Beschränkung auf der Gesetzesebene, weshalb sie auch keine Überstunden reklamieren können.
von: Nils H. Bayer, deutsch-französischer Rechtsanwalt (Berlin-Paris)
avocat franco-allemand (barreaux de Berlin et de Paris(
Berlin, den 22.4.2013