Dem französischen Notar obliegen neben diversen anderen Angelegenheiten vor allem zwei Themenbereiche, welche das Gros seiner beruflichen Tätigkeit vereinnahmen:
- die Beurkundung und Eintragung von Übertragungen von in Frankreich belegenen Immobilien
- die Abwicklung von Erbschaften, die nach französischem Recht zu vollziehen sind
Frankreich kennt keine Amtsgerichte in der Funktion von Nachlassgerichten, welche im Falle von Erbschaften zuständig wären.
Insoweit sind an deren Stelle sind grundsätzlich die französischen Notare berufen, die Erbschaften zu regeln. in Frankreich sind es die Notare, die Erbscheine ausstellen, auch jene nach der Europäischen Erbrechtsverordnung.
Sie erstellen Inventarlisten, kontaktieren die Banken und Versicherungen etc.
Allerdings können bei unüberbrückbaren Streitigkeiten in Einzelfällen auch Gerichte zwecks Entscheidung angerufen werden.
Daneben gibt es die Möglichkeit, in Ausnahmefällen Erbschaften ohne Einschaltung von Notaren zu regeln.
In einem solchen Fall müssen die Erben alles übernehmen und insbesondere die Erbschaftssteuererklärung binnen sechs Monaten nach dem Todesfall beim Finanzamt einreichen.
Wann Notare zu befassen sind und wann nicht, soll nachfolgend kurz überblicksmäßig dargestellt werden.
1. Notwendige Beteiligung eines Notars
Es ist möglich, seine Intervention auf die Erstellung von Urkunden zu beschränken, bei denen seine Anwesenheit zwingend erforderlich ist, ohne ihm die gesamte Abwicklung des Nachlasses zu übertragen.
Die Beteiligung des französischen Notars ist zwingend, wenn :
- das Vermögen des Verstorbenen mindestens eine Immobilie, mitumfasst.
- der Verstorbene ein Testament errichtet hat
Unabhängig davon, ob sich das Testament in den Händen eines Erben oder einer dritten Person befindet, ob es versiegelt ist oder nicht, muss es dem Notar übergeben werden, damit es Nachlassabwicklung entfalten kann.
- der Erblasser einer Schenkung unter Ehegatten zugestimmt hat.
Die Schenkung zwischen Ehegatten ist etwas Besonderes und wird erst mit dem Tod eines der beiden Ehegatten wirksam. Um gültig zu sein, muss sie zwingend in einer notariellen Urkunde erfasst wer-den.
- die Höhe des Nachlasses mindestens 5.000 € beträgt
Der Nachfolger muss eine notarielle Urkunde vorlegen, um die Überweisung von Geldern, die bei einer Bank auf dem Konto des Verstorbenen hinterlegt sind, zu erwirken. Mit der notariellen Urkunde kann man seinen Erbenstatus nachweisen. Sie kann nur von einem Notar ausgestellt werden.
2. Formalitäten, die bei einer Erbschaft ohne Notar erledigt werden können.
Wenn keine notwendige Einschaltung eines Notars gegeben ist und die Erben der Ansicht sind, dass der Nachlass ohne Notar aufgeteilt und geregelt werden kann, müssen sie alle notwendigen Schritte unternehmen.
a. Suche nach den Anspruchsberechtigten
Bei dieser Suche werden alle Personen ermittelt, die Anspruch auf einen Teil des Erbes haben. Der Erbe, der diese Aufgabe übernimmt, kann einen Genealogen beauftragen. Um bestimmte Güter und Beträge abheben zu können, muss ein Erbschein bei einer Gemeindeverwaltung beantragt werden.
b. Formalitäten nach dem Tod
Beim Tod eines Angehörigen müssen zahlreiche Formalitäten erledigt werden. Es müssen benachrichtigt werden:
- die Banken, damit das dortige Vermögen freigegeben werden kann,
- die Versicherungsgesellschaften im Falle eines Lebensversicherungsvertrags,
-alle sozialen Einrichtungen des Verstorbenen.
- Das Inventar ist aufzulisten und die Bewertung von Vermögen und Schulden erledigen
Das Nachlassvermögen wird anhand des Inventars der Vermögenswerte und Schulden des Verstorbenen ermittelt. Der Erbe, der diese Aufgabe übernimmt, muss den Marktwert jedes Vermögensgegenstandes ermitteln und von der ermittelten Gesamtsumme alle Schulden abziehen.
- Die Erbschaftserklärung ist innerhalb von sechs Monaten zu übermitteln
Wenn Personen ohne Notar erben, müssen alle Erben den Nachlass innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod beim Finanzamt anmelden. Die Abgabe der Erklärung führt zur sofortigen Fälligkeit der Erbschaftssteuer.
Dies alles gilt nur, falls auf die Erbschaft überhaupt französisches Recht anwendbar ist.
Ob solches der Fall ist, regelt die Europäische Erbrechtsverordnung und kann durch EU-Bürger in Grenzen auch testamentarisch bestimmt werden. So kann etwa ein Deutscher, der in Frankreich lebt und verstirbt, testamentarisch bestimmen, dass auf die Erbschaft deutsches Erbrecht anzuwenden ist. In diesem Fall ist grundsätzlich auch die deutsche Zuständigkeit gegeben, was zur Folge hat, dass der Ausweis der Erben durch das Nachlassgericht erstellt wird, bei dem ein Erbschein beantragt werden muss. Verbleibt Immobilienvermögen in Frankreich, muss der französische Notar gleichwohl mitwirken, weil das Kataster entsprechend abzuändern ist oder im Falle eines Verkaufs die Einschaltung des französischen Notars zwingend ist und exklusiv in Frankreich verbleibt.
Nils Holger Bayer, Deutsch-Französischer Rechtsanwalt, Berlin-Paris, 26. Oktober 2022