Die französische Gerichtsbarkeit: Ein Kurzüberblick über die Gerichte in Frankreich vom 23.05.2005 Prozessführung in Frankreich bedingt an einigen Stellen ein völliges Umdenken.
vom 23.05.2005
Bereits bei der Ermittlung des zuständigen Gerichts kann es zu schwerwiegenden Versäumnissen kommen. Desweiteren bedarf es der Kenntnis, wann wer (französischer Rechtsanwalt als Avocat, Avoué oder Avocat à la cour d'appel, Avocat à la Cour de Cassation oder über einen Greffier etc.) welche Anträge vor Gericht stellen kann, damit diese überhaupt formgerecht eingereicht Beachtung finden und nicht von Vornherein wegen Vorliegens von Formfehlern zurückgewiesen werden. Dies soll einem weiteren Artikel vorbehalten werden, der hier in Kürze veröffentlicht werden soll.
Die französische Gerichtsbarkeit
Je nach Art des Rechtsstreits, seiner Bedeutung und der Schwere der Gesetzesverstöße sind in Frankreich verschiedene Gerichte zuständig, die zwei Gerichtszweigen zugeordnet werden, der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Zumeist ist es offensichtlich, welcher Gerichtsbarkeit die betreffende Streitsache angehört und welches Gericht zuständig ist.
Sollte sich dennoch ein Kompetenzkonflikt zwischen den beiden Gerichtszweigen ergeben, so entscheidet das hierfür zuständige „tribunal des conflits“.
A Die ordentliche Gerichtsbarkeit
Die ordentliche Gerichtsbarkeit umfasst zum einen die Zivilgerichtsbarkeit, zum anderen die Strafgerichtsbarkeit, sowie einige besondere Gerichte.
I Die Zivilgerichtsbarkeit
1.) Tribunal d’instance
Das „tribunal d’instance“ entspricht ungefähr dem deutschen Amtsgericht.
Dieses Gericht entscheidet in erster Instanz über Streitigkeiten zwischen Privaten mit einem Streitwert bis zu 7.600 €.
Ferner über alle Streitsachen ohne Streitwertbegrenzung in bestimmten Bereichen, wie z.B. bei Verbraucherkrediten, Minderjährigenschutz etc.
2.) Tribunal de grande instance
Das „tribunal de grande instance“, kurz „TGI“, ist in etwa gleichbedeutend mit dem Landgericht in Deutschland.
Es entscheidet als erste Instanz über Streitigkeiten zwischen Privaten mit einem Streitwert, der über 7.600 € liegt.
Das „TGI“ ist darüber hinaus auch unabhängig vom Streitwert für Streitsachen in den Bereichen Familienrecht, Staatsangehörigkeitsrecht, Patent- und Markenrecht zuständig.
3.) Cour d’appel
Die „Cour d’appel“ ist das Gericht der zweiten Instanz.
Wenn sich eine Streitpartei gegen das Ersturteil wenden will, kann sie vor der „Cour d’appel“ Berufung einlegen.
Diese untersucht als sog. Berufungsgericht die Rechtssache erneut und überprüft die der ergangenen Entscheidung zugrunde liegende Rechtsanwendung und die entscheidungserheblichen Tatsachen.
Die „Cour d’appel“ bestätigt entweder das erstinstanzliche Urteil oder verwirft es, d.h sie erklärt es für nichtig oder urteilt von Grund auf neu.
4.) Cour de Cassation
Die „Cour de Cassation“, zu deutsch Kassationsgericht, ist das Gericht der obersten Instanz.
Sollte eine der Streitparteien mit einem Urteil einer „Cour d’appel“ nicht einverstanden sein, so kann sie vor dem Kassationsgericht in Revision gehen.
Hier wird die Sache nicht neu verhandelt, sondern lediglich überprüft, ob die Gesetze von dem entsprechenden erstinstanzlichen Gerichten und den Berufungsgerichten fehlerfrei angewandt worden sind.
II Die Strafgerichtsbarkeit
1.) Tribunal de police
Das „tribunal de police“ ist als erste Instanz zuständig für sämtliche Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße oder anderweitigen Strafen geahndet werden.
2.) Tribunal correctionnel
Das „tribunal correctionnel“ ist das zuständige Gericht bei Vergehen, für welche eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren oder auch andere Strafen, wie beispielsweise Geldbußen, allgemeinnützige Arbeitsstunden und anderes verhängt werden.
Es verhandelt in erster Instanz die entsprechende Strafsache.
3.) Cour d’assises
Die „Cour d’assises“ befasst sich in erster Instanz mit den Verbrechen, die mit dem Zuchthaus geahndet werden, teilweise auch mit lebenslänglichem Freiheitsentzug.
4.) Cour d’appel
Die „Cour d’appel“ ist das Gericht der zweiten Instanz.
Es kann insoweit auf das oben Gesagte verwiesen werden.
5.) Cour de Cassation
Die „Cour de Cassation“ ist das höchste Gericht.
Auch hier kann auf das bereits Erläuterte verwiesen werden.
III Besondere Gerichte der Zivilgerichtsbarkeit
1.) Conseil des prud’hommes
Der „conseil des prud’hommes“ entspricht einem paritätischem Arbeitsausschuss, d.h. die Richter sind von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch gewählte Vertreter beider Parteien.
Als erstinstanzliches Gericht dient dieser Ausschuss dazu, Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, einschließlich Auszubildenden, beizulegen.
Der „conseil des prud’hommes“ wird auf Antrag tätig und entscheidet nur in den Fällen, in denen die obligatorisch vorgesehene Schlichtung gescheitert ist.
Zu beachten ist auch, dass für Beamte und sonstige Angestellte des Staates das Verwaltungsgericht zuständig ist.
Eine etwaige Berufung wird bei der entsprechenden „cour d’appel“ eingelegt.
Vor der „Cour de Cassation“ kann in Revision gegangen werden.
2.) Tribunal de commerce
Das „tribunal de commerce“ entspricht in etwa einer Handelskammer bei einem deutschen Landgericht. Es ist allerdings durch Berufsrichter und Laienrichter, die Kaufleute sind, besetzt. Lediglich in den Départements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle (Elsass-Lothringen) existieren die Handelskammern bei den Zivilgerichten fort.
Das Handelsgericht entscheidet als erstinstanzliches Gericht über sämtliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Kaufleuten und/oder Handelsgesellschaften.
Für den weiteren Rechtsweg wird auf das oben Erwähnte verwiesen.
3.) Tribunal des Affaires de la Sécurité sociale
Dieses Gericht ist vergleichbar mit dem deutschen Sozialgericht.
In erster Instanz ist es zuständig für Streitigkeiten zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Versicherten. Zumeist ist Gegenstand des Rechtsstreits die Mitgliedschaft, insbesondere der Beitritt zu einer Sozialversicherungskasse, oder die Berechnung und Begleichung von Beiträgen und Leistungen.
Für den weiteren Rechtsweg sind auch hier die „cour d’appel“ und die „Cour de Cassation“ die zuständigen Gerichte.
4.) Tribunal paritaire des Baux Ruraux
Das „tribunal paritaire des Baux Ruraux“ entscheidet über Rechtsstreitigkeiten, die sich aus einem landwirtschaftlichen Pachtvertrag zwischen dem Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes und dessen Pächter ergeben.
Auch hier kann für den weiteren Rechtsweg auf das oben Gesagte verwiesen werden.
B Die Verwaltungsgerichtsbarkeit
I Tribunal administratif
Das „tribunal administratif“ entscheidet als erstinstanzliches Verwaltungsgericht über alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürgern und sämtlichen staatlichen Stellen.
Hierzu zählen vor allem staatliche Verwaltungen, Regionen, „Départements“, Kommunen, sowie öffentliche Unternehmen.
Dieses Gericht entscheidet über jeden Einspruch, der von Seiten des Bürgers gegen staatliches Handeln oder Entscheidungen der Verwaltung gerichtet wird, es sei denn, die betreffende Streitigkeit wird einem Spezialgericht zugeordnet.
Hier kommen insbesondere die „Commission des recours des réfugiés“ (Berufungskommission für Flüchtlinge), die „Commission d’aide sociale“ (Sozialhilfekommission) oder die „Section disciplinaire des ordres professionnels“ (Disziplinargerichte der Berufsstände) in Betracht, im Einzelfall auch der „Conseil d’Etat“ (Staatsrat).
II Cour administrative d’appel
Als sog. Berufungsgericht untersucht die „Cour administrative d’appel“ in zweiter Instanz die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung erneut und überprüft das ergangene Urteil auf Fehler bezüglich der Rechtsanwendung und der zugrunde gelegten Tatsachen.
Das Berufungsgericht wird tätig, wenn eine der Streitparteien Berufung eingelegt hat.
III Conseil d’Etat
Der „Conseil d’Etat“ verfügt in mehrfacher Hinsicht über Rechtsprechungskompetenz.
In erster Linie ist er das höchste Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Er prüft in letzter Instanz die Entscheidungen der unteren Instanzen, der Verwaltungsgerichte und der oberen Verwaltungsgerichte. So garantiert er als oberste Instanz eine einheitliche Rechtsprechung auf nationaler Ebene.
Ferner kann der „Conseil d’Etat“ in einzelnen Fällen auch Berufungsgericht sein.
Als solches wird er insbesondere tätig, wenn gegen ein Urteil, das sich auf Wahlrecht bezieht, Berufung eingelegt wird.
Der „Conseil d’Etat“ verfügt letztlich auch über Rechtsprechungskompetenz, wenn es um die Rechtmäßigkeit eines sog. „décret“ oder „acte réglementaire“, sowie in einigen weiteren Ausnahmefällen.
C Der Verfassungsrat
Der Conseil Constitutionnel ist nur bedingt mit den Verfassungsgerichten der Länder oder dem Bundesverfassungsgericht vergleichbar.
Er erfüllt die Aufgaben einer Wahlprüfungs- und Kontrollinstanz, einer Verfassungsautorität und eines Verfassungsgerichts.
Zwar obliegt diesem Spruchkörper die Prüfung von Gesetzen und Verordnungen und internationalen Verträgen auf ihre Verfassungsgemäßheit. Aber einerseits ist es nicht jedermann möglich, dieses Gericht anzurufen. Zum anderen ist der Zeitraum, innerhalb dessen die Anfechtung von Gesetzen möglich ist, beschränkt.
Es wird bereits als eine große Errungenschaft angesehen, dass die Anrufung des Verfassungsrats seit einer Verfassungsänderung aus dem Oktober 1974 60 Abgeordneten oder Senatoren möglich ist, nachdem dieses Recht zuvor lediglich dem Präsidenten der Republik, dem Premierminister, dem Präsidenten der Nationalversammlung (französischer Bundestag) sowie dem Präsidenten des Senats (französischer Bundesrat) vorbehalten war.
Die Anrufung des Verfassungsrats ist zeitlich aber nur bis zur Verkündung möglich, also zwischen Adoption (Verabschiedung im Parlament) und Verkündung. Ist das (verfassungswidrige) Gesetz erst einmal verkündet, kann es nicht mehr angefochten werden.
Bestimmte, sogenannte „organische“ Gesetze und Verordnungen der beiden Kammern der Gesetzgebungsorgane müssen immer dem Verfassungsrat vorgelegt werden.
Ulrike Wellpott Mai 2005 (vom 23.05.2005)
Bereits bei der Ermittlung des zuständigen Gerichts kann es zu schwerwiegenden Versäumnissen kommen. Desweiteren bedarf es der Kenntnis, wann wer (französischer Rechtsanwalt als Avocat, Avoué oder Avocat à la cour d'appel, Avocat à la Cour de Cassation oder über einen Greffier etc.) welche Anträge vor Gericht stellen kann, damit diese überhaupt formgerecht eingereicht Beachtung finden und nicht von Vornherein wegen Vorliegens von Formfehlern zurückgewiesen werden. Dies soll einem weiteren Artikel vorbehalten werden, der hier in Kürze veröffentlicht werden soll.
Die französische Gerichtsbarkeit
Je nach Art des Rechtsstreits, seiner Bedeutung und der Schwere der Gesetzesverstöße sind in Frankreich verschiedene Gerichte zuständig, die zwei Gerichtszweigen zugeordnet werden, der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Zumeist ist es offensichtlich, welcher Gerichtsbarkeit die betreffende Streitsache angehört und welches Gericht zuständig ist.
Sollte sich dennoch ein Kompetenzkonflikt zwischen den beiden Gerichtszweigen ergeben, so entscheidet das hierfür zuständige „tribunal des conflits“.
A Die ordentliche Gerichtsbarkeit
Die ordentliche Gerichtsbarkeit umfasst zum einen die Zivilgerichtsbarkeit, zum anderen die Strafgerichtsbarkeit, sowie einige besondere Gerichte.
I Die Zivilgerichtsbarkeit
1.) Tribunal d’instance
Das „tribunal d’instance“ entspricht ungefähr dem deutschen Amtsgericht.
Dieses Gericht entscheidet in erster Instanz über Streitigkeiten zwischen Privaten mit einem Streitwert bis zu 7.600 €.
Ferner über alle Streitsachen ohne Streitwertbegrenzung in bestimmten Bereichen, wie z.B. bei Verbraucherkrediten, Minderjährigenschutz etc.
2.) Tribunal de grande instance
Das „tribunal de grande instance“, kurz „TGI“, ist in etwa gleichbedeutend mit dem Landgericht in Deutschland.
Es entscheidet als erste Instanz über Streitigkeiten zwischen Privaten mit einem Streitwert, der über 7.600 € liegt.
Das „TGI“ ist darüber hinaus auch unabhängig vom Streitwert für Streitsachen in den Bereichen Familienrecht, Staatsangehörigkeitsrecht, Patent- und Markenrecht zuständig.
3.) Cour d’appel
Die „Cour d’appel“ ist das Gericht der zweiten Instanz.
Wenn sich eine Streitpartei gegen das Ersturteil wenden will, kann sie vor der „Cour d’appel“ Berufung einlegen.
Diese untersucht als sog. Berufungsgericht die Rechtssache erneut und überprüft die der ergangenen Entscheidung zugrunde liegende Rechtsanwendung und die entscheidungserheblichen Tatsachen.
Die „Cour d’appel“ bestätigt entweder das erstinstanzliche Urteil oder verwirft es, d.h sie erklärt es für nichtig oder urteilt von Grund auf neu.
4.) Cour de Cassation
Die „Cour de Cassation“, zu deutsch Kassationsgericht, ist das Gericht der obersten Instanz.
Sollte eine der Streitparteien mit einem Urteil einer „Cour d’appel“ nicht einverstanden sein, so kann sie vor dem Kassationsgericht in Revision gehen.
Hier wird die Sache nicht neu verhandelt, sondern lediglich überprüft, ob die Gesetze von dem entsprechenden erstinstanzlichen Gerichten und den Berufungsgerichten fehlerfrei angewandt worden sind.
II Die Strafgerichtsbarkeit
1.) Tribunal de police
Das „tribunal de police“ ist als erste Instanz zuständig für sämtliche Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße oder anderweitigen Strafen geahndet werden.
2.) Tribunal correctionnel
Das „tribunal correctionnel“ ist das zuständige Gericht bei Vergehen, für welche eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren oder auch andere Strafen, wie beispielsweise Geldbußen, allgemeinnützige Arbeitsstunden und anderes verhängt werden.
Es verhandelt in erster Instanz die entsprechende Strafsache.
3.) Cour d’assises
Die „Cour d’assises“ befasst sich in erster Instanz mit den Verbrechen, die mit dem Zuchthaus geahndet werden, teilweise auch mit lebenslänglichem Freiheitsentzug.
4.) Cour d’appel
Die „Cour d’appel“ ist das Gericht der zweiten Instanz.
Es kann insoweit auf das oben Gesagte verwiesen werden.
5.) Cour de Cassation
Die „Cour de Cassation“ ist das höchste Gericht.
Auch hier kann auf das bereits Erläuterte verwiesen werden.
III Besondere Gerichte der Zivilgerichtsbarkeit
1.) Conseil des prud’hommes
Der „conseil des prud’hommes“ entspricht einem paritätischem Arbeitsausschuss, d.h. die Richter sind von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch gewählte Vertreter beider Parteien.
Als erstinstanzliches Gericht dient dieser Ausschuss dazu, Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, einschließlich Auszubildenden, beizulegen.
Der „conseil des prud’hommes“ wird auf Antrag tätig und entscheidet nur in den Fällen, in denen die obligatorisch vorgesehene Schlichtung gescheitert ist.
Zu beachten ist auch, dass für Beamte und sonstige Angestellte des Staates das Verwaltungsgericht zuständig ist.
Eine etwaige Berufung wird bei der entsprechenden „cour d’appel“ eingelegt.
Vor der „Cour de Cassation“ kann in Revision gegangen werden.
2.) Tribunal de commerce
Das „tribunal de commerce“ entspricht in etwa einer Handelskammer bei einem deutschen Landgericht. Es ist allerdings durch Berufsrichter und Laienrichter, die Kaufleute sind, besetzt. Lediglich in den Départements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle (Elsass-Lothringen) existieren die Handelskammern bei den Zivilgerichten fort.
Das Handelsgericht entscheidet als erstinstanzliches Gericht über sämtliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Kaufleuten und/oder Handelsgesellschaften.
Für den weiteren Rechtsweg wird auf das oben Erwähnte verwiesen.
3.) Tribunal des Affaires de la Sécurité sociale
Dieses Gericht ist vergleichbar mit dem deutschen Sozialgericht.
In erster Instanz ist es zuständig für Streitigkeiten zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Versicherten. Zumeist ist Gegenstand des Rechtsstreits die Mitgliedschaft, insbesondere der Beitritt zu einer Sozialversicherungskasse, oder die Berechnung und Begleichung von Beiträgen und Leistungen.
Für den weiteren Rechtsweg sind auch hier die „cour d’appel“ und die „Cour de Cassation“ die zuständigen Gerichte.
4.) Tribunal paritaire des Baux Ruraux
Das „tribunal paritaire des Baux Ruraux“ entscheidet über Rechtsstreitigkeiten, die sich aus einem landwirtschaftlichen Pachtvertrag zwischen dem Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes und dessen Pächter ergeben.
Auch hier kann für den weiteren Rechtsweg auf das oben Gesagte verwiesen werden.
B Die Verwaltungsgerichtsbarkeit
I Tribunal administratif
Das „tribunal administratif“ entscheidet als erstinstanzliches Verwaltungsgericht über alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürgern und sämtlichen staatlichen Stellen.
Hierzu zählen vor allem staatliche Verwaltungen, Regionen, „Départements“, Kommunen, sowie öffentliche Unternehmen.
Dieses Gericht entscheidet über jeden Einspruch, der von Seiten des Bürgers gegen staatliches Handeln oder Entscheidungen der Verwaltung gerichtet wird, es sei denn, die betreffende Streitigkeit wird einem Spezialgericht zugeordnet.
Hier kommen insbesondere die „Commission des recours des réfugiés“ (Berufungskommission für Flüchtlinge), die „Commission d’aide sociale“ (Sozialhilfekommission) oder die „Section disciplinaire des ordres professionnels“ (Disziplinargerichte der Berufsstände) in Betracht, im Einzelfall auch der „Conseil d’Etat“ (Staatsrat).
II Cour administrative d’appel
Als sog. Berufungsgericht untersucht die „Cour administrative d’appel“ in zweiter Instanz die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung erneut und überprüft das ergangene Urteil auf Fehler bezüglich der Rechtsanwendung und der zugrunde gelegten Tatsachen.
Das Berufungsgericht wird tätig, wenn eine der Streitparteien Berufung eingelegt hat.
III Conseil d’Etat
Der „Conseil d’Etat“ verfügt in mehrfacher Hinsicht über Rechtsprechungskompetenz.
In erster Linie ist er das höchste Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Er prüft in letzter Instanz die Entscheidungen der unteren Instanzen, der Verwaltungsgerichte und der oberen Verwaltungsgerichte. So garantiert er als oberste Instanz eine einheitliche Rechtsprechung auf nationaler Ebene.
Ferner kann der „Conseil d’Etat“ in einzelnen Fällen auch Berufungsgericht sein.
Als solches wird er insbesondere tätig, wenn gegen ein Urteil, das sich auf Wahlrecht bezieht, Berufung eingelegt wird.
Der „Conseil d’Etat“ verfügt letztlich auch über Rechtsprechungskompetenz, wenn es um die Rechtmäßigkeit eines sog. „décret“ oder „acte réglementaire“, sowie in einigen weiteren Ausnahmefällen.
C Der Verfassungsrat
Der Conseil Constitutionnel ist nur bedingt mit den Verfassungsgerichten der Länder oder dem Bundesverfassungsgericht vergleichbar.
Er erfüllt die Aufgaben einer Wahlprüfungs- und Kontrollinstanz, einer Verfassungsautorität und eines Verfassungsgerichts.
Zwar obliegt diesem Spruchkörper die Prüfung von Gesetzen und Verordnungen und internationalen Verträgen auf ihre Verfassungsgemäßheit. Aber einerseits ist es nicht jedermann möglich, dieses Gericht anzurufen. Zum anderen ist der Zeitraum, innerhalb dessen die Anfechtung von Gesetzen möglich ist, beschränkt.
Es wird bereits als eine große Errungenschaft angesehen, dass die Anrufung des Verfassungsrats seit einer Verfassungsänderung aus dem Oktober 1974 60 Abgeordneten oder Senatoren möglich ist, nachdem dieses Recht zuvor lediglich dem Präsidenten der Republik, dem Premierminister, dem Präsidenten der Nationalversammlung (französischer Bundestag) sowie dem Präsidenten des Senats (französischer Bundesrat) vorbehalten war.
Die Anrufung des Verfassungsrats ist zeitlich aber nur bis zur Verkündung möglich, also zwischen Adoption (Verabschiedung im Parlament) und Verkündung. Ist das (verfassungswidrige) Gesetz erst einmal verkündet, kann es nicht mehr angefochten werden.
Bestimmte, sogenannte „organische“ Gesetze und Verordnungen der beiden Kammern der Gesetzgebungsorgane müssen immer dem Verfassungsrat vorgelegt werden.
Ulrike Wellpott Mai 2005 (vom 23.05.2005)