Die "mise en Cause" des französsichen Strafrechts
Vorermittlung gegen eine einer Straftat verdächtigen Person
Die "mise en Cause" des französsichen Strafrechts gegen eine einer Straftat verdächtigten Person kommt Vorermittlungen des deutschen Strafverfahren am Nächsten.
Tatsächlich ist der "mis en cause" noch kein Beschuldigter oder gar Angeschuldigter oder Angeklagter.
Man nimmt an, dass er eine Straftat begangen haben könnte, man ist aber noch so unsicher, ob das der Fall ist, dass man gegen ihn noch nicht als Beschuldigten ermittelt.
Verdichten sich die Verdachtsmomente für eine Straftat, werden Ermittlungen gegen ihn als Beschuldigter eingeleitet, was in der Termnologie des französischen Strafrechts "mise en examen" heißt.
Diese erfolgt offiziell nach Ladung des Verdächtigen zu einem "interrogatoire de première comparution, welche der mit der Sache befasste juge d'instruction versendet. Sie setzt ein requisitoire introductif des Staatsanwalts voraus, dass dieser an den juge d'instruction adressiert und das darauf abzielt, ein Strafverfahren im Sinne eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Beschuldigten offiziell zu eröffnen. Formuliert ist es ähnlich einer Anklageschrift des deutschen Rechts. Verfahrenstechnisch wird diese Antragsschrift aber zu einem Zeitpunkt verfasst, zu dem offiziell keine Ermittlungen gegen den Betroffenen als Beschuldigten laufen.
Im Anschluss an diese erste Befragung im Beisein eines Anwalts entscheidet der Untersuchungsrichter, ob er die Sache einstellt, ob der Verdächtigte den begleiteten Zeugenstatus erlangt oder Ermittlungen gegen ihn als Beschuldigter aufgenommen werden. Letzteres entspricht der mise en examen.
Dem entspricht nicht die Anklageerhebung des deutschen Rechts, wie es teils falsch in deutschsprachigen Beiträgen formuliert ist.
Eine solche erfolgt bei schweren Vergehen und Verbrechen durch den Juge d'instruction, indem er die Sache per Beschluss an das zuständige Strafgericht zwecks Eröffnung des Hauptverfahrens weiter leitet oder Anklage beim Schwurgericht erhebt.
Bei kleinen und Kleinstdelikten erfolgt hingegen auch in Frankreich eine abgewandelte Art Anklageerhebung direkt durch die Staatsanwaltschaft per
- Zitierung vor das Gericht,
- durch Ladung vor das Gericht oder sogenanntes
- sofortiger Vorführung (comnparution immédiate) nach vorläufiger Festnahme.
In allen diesen drei Varianten erfolgen keine großen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in einem Ermittlungsverfahren, sonderm die Staatsanwaltschaft entscheidet, das direkt vor das Gericht zu bringen anstatt zu ermitteln.
Berlin, den 11.9.2020
Nils Holger Bayer
Avocat au barreau de Paris et Avocat allemand (barreau de Berlin)
(Rechtsanwalt und Avocat)