Untersuchungshaft - Auswege?
Die Untersuchungshaft dient einzig und allein dem Ziel das Strafverfahren ordnungsgemäß durchzuführen, bzw. sicherzustellen, dass der Beschuldigte bei der Hauptverhandlung anwesend ist. Die Untersuchungshaft kann ausschließlich von einem Richter in Form eines Haftbefehls erlassen werden und unterscheidet sich daher von der vorläufigen Festnahme, die keinen richterlichen Beschluss erfordert, den Beschuldigten allerdings spätestens zum Ende des Folgetages der Festnahme wieder auf freiem Fuß sieht, sollte in der Zeit kein Haftbefehl eingegangen sein.
Für eine Untersuchungshaft gelten für diese drei Voraussetzungen.
1. Dringender Tatverdacht (nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO)
Grundlegend ist die Frage nach dem Tatverdacht. Für eine Untersuchungshaft muss der Beschuldigte die Tat mit nachweislich hoher Wahrscheinlichkeit begangen haben. Dieser dringende Tatverdacht muss während der andauernden Untersuchungshaft regelmäßig überprüft werden. Sollten neue Beweise den Beschuldigten entlasten, die dafür gesorgt hätten, dass die Untersuchungshaft nicht gestattet würde, muss der dringende Tatverdacht und somit die Untersuchungshaft entfallen.
2. Haftgrund (nach § 112 Abs. 2 StPO)
Da eine Untersuchungshaft nur das Ziel hat das Strafverfahren ordnungsgemäß durchzuführen, muss es auch einen besonderen Grund für die „Freiheitsberaubung Unschuldiger“ (Jede Person gilt bis zur Verurteilung als unschuldig) geben.
- Der am häufigsten angenommene Haftgrund ist die Flucht oder Fluchtgefahr. Insbesondere bei der Fluchtgefahr müssen mehrere Aspekte abgewogen werden und ineinander spielen um diese als Haftgrund nennen zu dürfen. Häufig genannt wird die Höhe der zu erwartenden Strafe. Gibt die Höhe der zu erwartenden Strafe dem Beschuldigten ein Motiv zur Flucht? Das allein reicht allerdings nicht als Haftgrund. Vielmehr müssen noch weitere Aspekte diese Möglichkeit stützen. Hat der Beschuldigte Kontakte ins Ausland und die finanziellen Mittel, oder hat der Beschuldigte einen festen Wohnsitz und Familie? Nur wenn es eine nach Gesamtabwägung aller Aspekte begründete Gefahr zur Flucht gibt, kann diese als Haftgrund genannt werden.
- Einen weiteren Haftgrund stellt die Verdunklungsgefahr. Gibt es konkrete Hinweise darauf, der Beschuldigte könne Beweismittel vernichten oder verändern wollen oder Zeugen beeinflussen, kann das als Haftgrund angeführt werden.
- Ein besonderer Haftgrund ist die Wiederholungsgefahr. Denn diese zielt nicht einzig darauf ab die Strafverfolgung zu sichern, sondern vielmehr darauf die Bevölkerung vor weiteren gefährlichen Taten zu schützen. Sie wirkt also präventiv. Ist der Täter dringend verdächtigt die Straftat für die er beschuldigt wird gleich oder in ähnlicher Form zu wiederholen, kann, präventiv, zum Schutz der Bevölkerung, Untersuchungshaft beschlossen werden. Um die Wiederholungsgefahr begründen zu können, muss der Täter die jeweiligen Delikte mindestens 2 Mal verwirklicht haben. Bei Sexualstraftaten reicht jedoch die einmalige Begehung.
- Weniger genau nimmt man es im Bereich der Schwerkriminalität. Dort gelten geringere Anforderungen für einen Haftgrund. Bei Kapitaldelikten wie Mord, Totschlag, sexuelle Delikte oder Bildung terroristischer Vereinigungen reicht es also aus wenn eine Flucht- oder Verdunklungsgefahr, sowie die Wiederholung des Delikts durch den Beschuldigten nicht sicher auszuschließen ist. (§ 112 Abs. 3 StPO, korrigiert durch BVerfGE 19, 342)
3. Verhältnismäßigkeit (nach § 112 Abs. 1 Satz 2 StPO)
Die Untersuchungshaft darf nicht unverhältnismäßig zur Schwere oder Dauer der zu erwartenden Strafe stehen. Sie darf also z.B. nicht länger andauern als die zu erwartende Haftstrafe oder bei Bagatelldelikten herangezogen werden.
Wie kann man sich gegen die Untersuchungshaft wehren?
1. Haftprüfung (gem. § 117 Abs. 1 StPO)
Eine Haftprüfung kann jederzeit und beliebig häufig gestellt werden. Besonders sinnvoll ist sie aber wenn neue entlastende Beweise wie z.B. Zeugenaussagen erscheinen. Hierbei entscheidet der Haftrichter ob diese neuen Erkenntnisse dazu geführt hätten, dass er den Haftbefehl gar nicht erst erlassen hätte. Ist das der Fall kann der Richter den Haftbefehl aufheben oder aussetzen lassen.
2. Haftbeschwerde (gem. §§ 304 ff. StPO)
Eine Haftbeschwerde wird zunächst dem Richter vergelegt, der den Haftbefehl erlassen hat. Sollte dieser seine Meinung nicht ändern, wird sie dem nächsthöheren Gericht, dem Beschwerdegericht, vorgelegt. Anders als bei der Haftprüfung wird hier infrage gestellt, ob die Untersuchungshaft anhand der zu der Zeit bekannten Beweismittel so hätte erlassen werden dürfen.
Für jede der drei Voraussetzungen können die Entscheidungen und somit der Erlass zur Untersuchungshaft hinterfragt werden. Dabei muss sich gefragt werden:
Besteht ein dringender Tatverdacht? Kann man diesen widerlegen?
Ist der genannte Haftgrund begründet oder ist er unzureichend?
Ist die Untersuchungshaft für den begangenen Delikt verhältnismäßig oder ist sie völlig überzogen?